„Ich fühle mich wohl in meiner Beziehung und verbringe sehr gern Zeit mit meinem Partner, kann aber auch gut allein sein. Wir achten auf die Bedürfnisse des anderen und wahren gegenseitig unsere Grenzen. Manchmal streiten wir uns, aber können uns danach auch gut entschuldigen und gemeinsam an einer Lösung arbeiten, die für beide Seiten gut ist.“
„Enge Beziehungen sind schwierig für mich. Je mehr Nähe zwischen mir und einer Partnerin entsteht, desto mehr habe ich das Gefühl, Distanz zu ihr zu brauchen. Ich arbeite gern allein und es fällt mir eher schwer andere um Hilfe zu bitten. Menschen, die emotional abhängig oder nicht effizient sind, nerven mich eher. Ich stelle meine Arbeit immer wieder vor meine Beziehungen.“
„In Beziehungen werde ich häufig als anhänglich wahrgenommen. Ich bin sehr fokussiert auf meinen Partner, auch wenn er nicht da ist, bin ich in Gedanken viel bei ihm. Ich entschuldige mich oft, auch wenn ich nichts falsch gemacht habe, um den anderen nicht aufzuregen oder gar zu verlieren. Ich übergehe oft meine Bedürfnisse und es fällt mir schwer Grenzen in Beziehungen zu setzen.“
„Enge Beziehungen sind für mich mit Gefahr verbunden. Es fällt mir sehr schwer mich in intimen Beziehungen zu entspannen, manchmal bin ich wie erstarrt. Auf der einen Seite sehne ich mich nach einer tiefgehenden Beziehung, aber auf der anderen Seite ängstigt mich zu viel Nähe. Ich behalte gern die Kontrolle, das wird mir manchmal auch zum Vorwurf gemacht.“
All diese Aussagen sind Beispiele für die verschiedenen Bindungsmuster. Diese entwickeln wir in unseren ersten Lebensjahren und sie begleiten uns unser ganzes Leben lang.
Biologisch ist unser System für sichere Bindung angelegt, wir sind sozusagen vorprogrammiert Bindung mit anderen herzustellen und beizubehalten. So soll uns ein sicherer Start ins Leben geebnet werden, bis wir so weit sind unsere eigenen Wege zu gehen.
Wenn wir jedoch nicht in einer Familie mit sicherer Bindung aufwachsen, haben wir keine andere Wahl, als uns an unsere Bindungspersonen (meistens sind das unsere Eltern) anzupassen, um überhaupt irgendeine Form von Bindung aufrechtzuerhalten, auch wenn wir dafür paradoxerweise unsere eigenen Bedürfnisse und ein Gefühl von echter und sicherer Verbundenheit hinten anstellen müssen. Bindung ist für Kinder überlebenswichtig und steht an erster Stelle.
Faktoren für die Entwicklung der verschiedenen Bindungsmuster können neben der Beziehung zu den Bindungspersonen z.B. auch die Beziehung der Eltern zu einander und den Geschwistern, die Umgebung, in der ein Kind aufwächst, medizinische Eingriffe im Kindesalter (z.B. längere Krankenhausaufenthalte mit Trennung von den Bindungspersonen), andere Beziehungen und einschneidende Erlebnisse im Leben sein.
Man unterscheidet vier Bindungsmuster, wobei man aber auch Mischformen aufweisen kann. Es geht also nicht darum in festgelegten Kategorien zu denken, sondern die dominanten Muster herauszufinden, um sich selbst besser zu verstehen.

Sichere Bindung
Bei sicherer Bindung geht es nicht darum, dass man als Kind nur die Grundbedürfnisse, wie z.B. Essen und ein Dach über dem Kopf, erfüllt bekommen hat. Ebenso wenig hat es mit perfekten Eltern oder einer perfekten Kindheit zu tun, wo immer alle fröhlich waren und es keinen Streit gab.
Die folgende Grafik gibt eine Übersicht über die Merkmale sicherer Bindung:

Zu den unsicheren Bindungsmustern gehören die vermeidende, ambivalente und desorganisierte Bindung, die im Folgenden erläutert werden.



Unsere frühen Beziehungserfahrungen können also direkt verbunden sein mit unserem Verhalten in unseren Beziehungen als Erwachsene. Indem wir diese besser verstehen, können wir sowohl mehr Mitgefühl für uns selbst als auch für andere entwickeln.
Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass es immer einen guten Grund gibt, warum wir bestimmte Bindungsmuster entwickeln und dass sie eine Schutzfunktion haben.
Das Verstehen und die Akzeptanz unserer Bindungsmuster ist ein erster Schritt auf dem Weg zur sicheren Bindung, die in jedem von uns angelegt ist und nachgelernt werden kann.
Quellen:
„The power of attachment” von Diane Poole Heller
“Dissoziation bei traumatisierten Kinder und Jugendlichen” von Sandra Wieland